Cooks
Entdeckungsreise in eine andere Welt
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Portrait
von Lt. James Cook |
Am
12. August 1768 startete unter dem Kommando von
Lt. James Cook eine Expedition in See, die auf der anderen Seite der Erdkugel
ein seltenes Himmelsschauspiel beobachten sollte.
Die pazifische
Insel Tahiti war erst ein Jahr zuvor durch europäische Seefahrer
entdeckt worden und erwies sich als günstiger Beobachtungsstandort
für einen Venus-Transit, dessen Erscheinung für den
darauffolgenden Sommer vorherberechnet wurde.
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Nachbau
des Segelschiffs Endeavour |
Das
waaghalsige Unternehmen ging das Risiko ein, tausende Seemeilen
bis in den damals noch fast gänzlich unerforschten südlichen
Pazifik hinein zurück zu legen und mit elementaren Mitteln
der Navigation nach den Sternen eine nur etwas mehr als 30 Kilometer
große Insel anzuteuern.
Cook erwartete während der
schwierigen Mission die Hälfte seiner Crew durch heftige
Strapazen, extreme Wetterverhältnisse und Skorbut zu verlieren.
Doch allen Anstregungen zum Trotz begab er sich mit 94 Personen
an Bord des königlichen Segelschiffes Endeavour auf die Reise,
deren antizipiertes Ziel, die Beobachtung eines Venus-Transits,
die Belastungen wett machen sollte.
Expedition zur Vermessung des
Sonnensystems
Das Ziel von Cooks Mission bestand darin, die Insel Tahiti noch vor Juni 1769 zu erreichen,
sich neben den Insulanern zu etablieren und ein astronomisches
Observatorium zu errichten. Cook wollte beobachten, wie der innere
Planet Venus von diesem Ort aus gesehen scheinbar über die
Sonnenscheibe gleitet.
Wissenschaftler der Englischen Königichen
Akademie, die die Expedition finanzierte, erhofften sich durch
die präzise Messung des Ereignisses genügend Daten zu
erhalten, um eine im 18. Jahrhundert noch fast gänzlich unbekannte
Größe zu bestimmen. Die aus der Beobachtung der Mini-Finsternis
gewonnenen Zeiten sollten Aufschluss über den Abstand der
Sonne zur Erde geben. Die Expedition diente demnach also einem
bedeutenden wissenschaftlichen Zweck - der Vermessung der Größe
des Sonnensystems.
Zu dieser Zeit war den Astronomen bekannt, dass sechs Planeten
die Sonne umrunden - Uranus, Neptun und Pluto waren damals noch
nicht entdeckt. Die relativen Abstände der Planeten ließen
sich allerdings aus Beobachtungen der Umlaufzeiten und den Keperschen
Gesetzen ableiten. Jupiter zum Beispiel ist fünf Mal weiter
von der Sonne entfernt als die Erde, doch das elementare Maß
der Entfernung zwischen unserem Heimatplaneten und dem hellen
Zentralgestirn war fast gänzlich unbekannt.
Halleys Erkenntnis
Die scheinbare Überquerung des Planeten Venus vor der Sonne
galt als Schlüsselelement. Der Mathematiker und Astronom
Edmund
Halley erkannte dies im Jahre 1716.
Halley behauptete, dass durch die Beobachtung der Start- und Endzeiten
des Ereignisses von verschieden Regionen der Erde aus die Distanz
des Planeten Venus über Parallaxenbeziehungen berechnet werde
könne. Auch die Größe aller anderen Entfernungen im
Sonnensystem ließen sich daraus ableiten, da die Relationen
bereits bekannt waren.
Allerdings treten Venus-Transite nur sehr selten auf. Etwa alle 120
Jahre erscheinen zwei solcher Ereignisse im Abstand von 8 Jahren
zueinander. Halley selbst konnte ein solches Ereignis in seinem
Leben nicht beobachten.
Erste Expedition im Jahr 1761
Ein internationales Team versuchte bereits im Jahr 1761 einen
Transit des Planeten Venus zu beobachten, scheiterte
jedoch aufgrund schlechter Wetterverhältnisse fast gänzlich.
Cook's Expedition stand also unter großer Anspannung. Würde
Cook versagen, so wäre für damals lebende Astronomen
die nächste Beobachtungsmöglichkeit in unerreichbarer
Ferne gelegen. Die Nächste Überquerung der Venus vor
der Sonne sollte erst wieder mehr als ein gesamtes Jahrhundert
später, im Jahre 1874 auftreten.
Ankunft in einer exotischen
fremden Welt
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Rue
des Archibes, The Granger Collection NYC, ESO |
Ölgemälde
des englischen Malers William Hodges (1744-1797): Die Schiffe
der Britischen Navy unter dem Kommando von Kapitän
James Cook haben in der Matavai Bucht festgemacht während
von dort aus der Venus-Transit des Jahres 1769 beobachtet
wird |
Als die Endeavour Tahiti 1769, nach 8-monatiger Reise in westliche
Richtung um den Globus erreichte, hatte Cook erstaunlicher Weise
nur 6 Mann seiner Crew verloren - ein vortreffliches Ergebnis
angesichts der damaligen Bedingungen.
Die Mannschaft hatte sich
während der belastenden Reise mit Sauerkraut erfolgreich
vor dem Skorbut zu retten versucht. Die Besatzung, die sich fast
durchweg optimistisch stimmender Gesundheit erfreute, erreichte
die Insel Tahiti fast genau im Rahmen des Zeitplans am 13. April
1769, ungefähr zwei Monate vor dem Transit.
Cooks Männer fanden eine fremde aber idyllische und friedliche
Insel vor und trafen auf freundlich gesinnte Eingeborene. Die
Expeditionsberichte enthalten ganz auffällig mehr Informationen
über die bezaubernde Insel als über das eigentliche
Himmelsereignis, das am 3. Juni 1769 stattfand.
Erfolgreiche Beobachtung der Venus-Silhouette
Mit Teleskopen,
die man aus England mitgebracht hatte, konnte der Planet Venus
als kleine schwarze Scheibe vor der Sonne beobachtet werden. Die
Expedition traf während der gesamten Zeit der Passage hervorragende Wetterverhältnisse
an.
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Zeichnungen
des Venus-Transits von Cook und Green |
Cook
berichtete von der Beobachtung der Venus-Atmosphäre als neblige
Schattierung um den Planetenkörper herum.
Die zeitlich exakte Bestimmung der beiden inneren Kontakte des kleinen
Planetenscheibchens mit dem Rand der Sonnenscheibe wurde hierdurch
stark erschwert. Die Messergebnisse dieser Kontakte, die der Schiffsastronom
Charles Green am gleichen Ort wie Cook bestimmte, wichen hierduch
um bis zu 42 Sekunden von Cooks Ergebnissen ab.
Tropfeneffekt
Eine Bestimmung der genauen Kontaktzeiten wurde den beiden Beobachtern durch den sogenannten Tropfeneffekt erschwert. Als sich die Venus während
des 2. und 3. Kontaktes äußerst nahe am Sonnenrand
befand, schien der schwarze Hintergrund in einer winzigen Verbindung
in die Sonnenscheibe hinein zu reichen und den Planeten zu berühren.
Dieser Effekt lässt sich leicht mit dem Daumen und Zeigefinger
nachstellen. Hält man beide Finger vor einem helleren Hintergung
vor ein geöffnetes Auge und nähert diese einander an,
so wird man beobachten, wie kurz vor ihrer Berührung eine
winzige schattige Brücke überspringt.
Nicht nur für die Tahiti-Expedition, sondern auch an 75 anderen
Beobachtungspunkten auf der Erde behinderte der Tropfeneffekt
die exakte Bestimmung der tatsächlichen Kontaktzeiten. Letztlich
waren alle im Jahr 1769 angefertigten Beobachtungsergebnisse nicht
präzise genug, um die Entfernungen im Sonennsystem ausreichend
genau zu bestimmen.
Erst im 19. Jahrhundert, während der
Erscheinung des nächsten Transit-Paares konnte dieses Problem
mithilfe der Fotographie überwunden werden.
Abenteuerreise nach Terra Australis
Incognita
Für Cook bedeute dies jedoch kein Scheitern seiner aufwändigen
Mission, da er noch einige Entdeckungen vor sich hatte. Die Navy
hatte ihn instruiert, die Insel zu verlassen, nachdem der Venus-Transit
beobachtet wurde, um zwischen Tahiti und Neuseeland nach einem
Kontinent zu suchen, der in dieser Zeit für viele Wissenschaftler
die Balance zu den großen Landmssen der nördlichen
Hemisphäre darstellte.
Den Großteil des dauffolgenden
Jahres verbrachte die Endeavour im Südpazifik mit der Suche
nach dem unentdeckten Land des Südens 'Terra Australis Incognita'.
Zeitweise war die Besatzung zwei Monae lang ohne eine Landsichtung
unterwegs. Doch letzlich sollten Cook und seine Männer durch
die Entdeckung von Tausenden von Meilen Küstenline mit dem
ersehnten Erfolg belohnt werden.
Verheerende Rückreise
Eine verheerende Ereigniskette begann mit einer Kollision mit
dem Great Barrier Riff vor der Küste Australiens. Während
einer 10-wöchigen Pause in Jakarta, die für Reparaturzwecke
nötig geworden war, starben sieben Seemänner an Malaria,
die in der dicht besiedelten Hafenstadt grassierte.
Cook verließ
diesen Ort so schnell wie möglich, doch schon bald traf das Schicksal auch noch 38 weitere Besatzungsmitglieder
der ursprünglichen Crew, darunter auch den Astronomen Charles
Green. Zudem starben weitere 8 Männer, die erst später
anheuerten.
Vermächtnis der Cook-Expedition
Am 11. Juli 1771 kehrte Cook wie geplant nach England zurück.
Die überlebende Crew der Endeavour hatte den Globus nun einmal
umrundet, tausende bisher unbekannter Pflanzen, Insekten und Tiere
katalogisiert und war auf eine bis dato fremde Menschenrasse getroffen.
Im Nachhinein betrachtet stellte die Beobachtung des Venus-Transits
wohl nur einen winzigen, fast unbedeutenen Bruchteil von Cook's
Abenteuer dar, der zudem noch von der Schönheit Tahitis überstrahlt
und vom Tropfeneffekt sabotiert wurde. Dennoch sind das kosmische
Schattenspiel und die Entdeckungsreise Cooks eng miteinander verbunden.
Venus-Tranit am 6. Juni 2012
Ein weiteres dieser äußerst seltenen Ereignisse wird
am 6. Juni 2012 zu beobachten sein, wenn der Planet Venus die
Sonnenscheibe erneut überqueren wird. Nur wenige Meschen kommen in den Genuß,
eine solche Rarität in der eigenen Lebenszeit beobachten
zu können.
Erinnern Sie sich an Tahiti 1769, als ein Großteil
unseres Globus noch im mysteriösen Dunkel lag und durch Teleskope
blickende Augen noch zu großen Entdeckern gehörten.
Das Schauspiel sollte nicht verpasst werden!