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τ−Herkuliden

Sternschnuppen des Kometen 73P
Ein beinahe inaktiver Meteorstrom
Für gewöhnlich zeigt der vom Kometen »73P/Schwassmann-Wachmann 3 produzierte Meteorstrom im Grunde keine wahrnehmbare Aktivität - die τ−Herkuliden sind daher im Allgemeinen kaum oder gar nicht zu beobachten. Lediglich in den Jahren 2011 und 2017 konnte die NASA mit empfindlichen Kameras jeweils einige wenige Meteore nachweisen, die von dem Kometen 73P stammten. Für das Jahr 2022 wurde vorhergesagt, dass die Erde Schweif-Filamente des Kometen durchqueren sollte. Tatsächlich konnte über Nordamerika eine deutlich erhöhte Meteoraktivität nachgewiesen werden.

Deutliche Aktivität im Entdeckungsjahr 1930

Wiegert, Brown, Vaubaillon, Schijns
Berechnete Position der Staubwolken des Kometen 73P, die im Jahr 1930 von der Erde durchzogen wurden
Im Jahre 1930 jedoch - dem Entdeckungsjahr des Mutterkometen - kam es bei einer nahen Begegnung mit dem damals wohl noch weitgehend intakten Kometenkern zu einem deutlich sichtbaren Meteorschauer. Aufgrund der sehr nahen Begegnung mit dem Schweifstern wurde ein solches Ereignis auch erwartet.

Damals schienen die Sternschnuppen allesamt von einem Punkt am Himmel herab zu fallen, der sich in der Nähe des 4 mag hellen Sterns τ in der Konstellation Herkules befindet. So erhielt dieser Strom seinen heute eher irreführenden Namen - die τ−Herkuliden.

astrocorner.de
Radiant der τ−Herkuliden

Uranus
Die Meteore eines Stromes scheinen alle von ein und dem selben Punkt am Himmel zu kommen - der sogenannte Ausstrahlungspunkt bzw. Radiant.
Mittlerweile befindet sich der Radiant nicht mehr im Sternbild Herkules, sondern 8 Grad nordwestlich des hellen Arktur (α Boo) im Sternbild Bärenhüter (Bootes). Dieses Himmelsareal befindet sich Ende Mai gegen 22 Uhr lokaler Sommerzeit hoch am Südhimmel.
Passage durch Schweif-Filamente 2022
Meteorforscher prognostizierten, dass die Erde in der Nacht zum 31. Mai 2022 mehrere Schweif-Filamente des Kometen 73P durchqueren sollte. Man ging davon aus, dass dabei eine nachweisbare Aktivität des sonst eher kaum beobachtbaren Meteorstroms der τ−Herkuliden ausgelöst werden könnte.

Der Komet zerbrach im Jahr 1995 in unzählige Trümmerstücke und hatte dabei wohl auch gewaltige Staubmassen entlang seiner Umlaufbahn verteilt. Die Erde durchquerte im Jahr 2022 zudem bekannterweise mindestens zwei solcher Staubwolken, die sich bereits mehr als ein Jahrhundert zuvor von dem Kometen losgelöst hatten und seither gemeinsam mit den Planeten die Sonne umrundeten.

Unklare Prognosen

Da unklar war, wie viel von dem staubigen Material, das sich entlang des Kometenorbits verteilt haben musste, seit der Freisetzung überhaupt noch vorhanden war, konnte nicht vorhergesagt werden, wie stark die Meteoraktivität ausfallen würde. Vorsichtige Prognosen gingen davon aus, dass der Meteorstrom eine stündliche Zenitalrate (ZHR) von nur etwa 5 Meteoren pro Stunde zeigen würde, euphorische Schätzungen erhoffen sich tausende Meteore pro Stunde - einen heftigen Meteorschauer. Eine genaue Vorhersage war kaum möglich, da es zuvor erst ein einziges Mal dazu gekommen war, dass ein Ausbruch der τ−Herkuliden von Beobachtern nachgewiesen werden konnte.

Am 31. Mai 2022 befand sich der in mehrere Teilfragmente zerbrochene Komet 73P zudem nicht in der Nähe der Erde. Unser Planet durchquerte zu diesem Zeitpunkt lediglich die Orbitalebene der Kometen-Trümmer 'vor' den eigentlichen 'großen' Bruchstücken. Da Kometen ihren Staubschweif auf ihrer Umlaufbahn eher 'hinter sich her' ziehen, erschien es recht unwahrscheinlich, dass es zu einem Kontakt mit einem frischen Filament kommen wird.

Allerdings hatten sich selbst die großen Kernfragmente zwischenzeitlich über eine recht weite Distanz entlang der Umlaufbahn ausgebreitet. Wie sich winzige Staubkorn-große Überreste im Laufe der vielen bis dahin vergangenen Jahre verteilt hatten, ließ sich aufgrund unbekannter Entweich-Geschwindigkeiten und gravitativer Wechselwirkungen mit den Planeten kaum mit einer hinreichenden Genauigkeit berechnen und vorhersagen.

Darüber hinaus war zu erwarten, dass sich wohl nur größere Meteoroiden der τ−Herkuliden beim Eintritt in die Erdatmosphäre beobachten lassen würden, da die Relativgeschwindigkeit dieser Objekte gerade einmal nur 15 Kilometer pro Sekunde beträgt - τ−Herkuliden sind also extrem langsame Sternschnuppen, die erst dann eine helle Leuchterscheinung produzieren, wenn der verglühende Körper eine entsprechend genügende Masse besitzt. Allerdings wurden in der Vergangenheit bereits Meteor-Ausbrüche von ähnlich langsamen Objekten wie beispielsweise den Bieliden (Andromediden) im 19. Jahrhundert oder den Giacobiniden (Oktober-Draconiden) im 20. Jahrhundert beobachtet.

Planetoidenbahn
astrocorner.de
Meteor-Helligkeiten, bei einem Atmosphären-Eintritt im Zenit in 100 km Höhe, abhängig von der Masse und Geschwindigkeit des Impaktors
Beobachtungen im Jahr 2022
Der Kontakt mit möglicherweise vorhandenen Überresten des Kometen Schwassmann-Wachmann 3, die beim Auseinanderbrechen seines Kerns im Jahr 1995 freigesetzt wurden, wurde für den 31. Mai 2022 in der Zeit zwischen 6:45 Uhr und 7:17 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit erwartet. Vor allem Beobachter in Nordamerika erhielten einen besonders günstigen Blick auf die meisten Meteore. Der Mond erreichte am 30. Mai seine Neumondphase, konnte eine Beobachtung also nicht stören.

Wiegert, Brown, Vaubaillon, Schijns
Berechnete Position der 125 bzw. 130 Jahre alten Staubwolken des Kometen 73P, auf die die Erde im Jahr 2022 treffen soll
Zudem durchquerte die Erde auch zwei weitere Schweif-Filamente, die sich von dem Kometen in den Jahren 1892 und 1897 losgelöst hatten. Sie wurden wie vorhergesagt am 30. Mai gegen 18 Uhr MESZ (begünstigte Beobachter im westlichen Pazifik, Asien und Ozeanien) und am 31. Mai um 12 Uhr MESZ passiert (bevorzugte Beobachter im westlichen Nordamerika und im östlichen Pazifik). Es wurde jedoch angenommen, dass diese beiden Trümmerfelder mittlerweile viel weniger dicht sind als die Überreste von dem Ereignis von 1995, daher wurde von ihnen nur wenig Aktivität erwartet.

Sichtungen weltweit

Tatsächlich kam es zu einem zwar recht verhaltenen, im Vergleich zu anderen Jahren aber ungewöhnlich starken Ausbruch. Himmelsgucker in Mitteleuropa konnten in den wenigen dunklen Stunden zwischen etwa 23 und 3 Uhr in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 2022 vereinzelte Meteore erkennen.

Jordan Blanchard, YouTube
tau-Herkuliden im Jahr 2022

astrocorner.de
Beobachtete Fallraten im Jahr 2022, als die Erde Staubfilamente des Kometen 73P aus den Jahren 1892 und 1897 durchkreuzte

In Nordamerika konnten zahlreiche Amateurastronomen zum vorhergesagten Zeitpunkt eine deutliche Aktivität der τ−Herkuliden beobachten. Auf diesem Kontinent wurden die besten Bedingungen angetroffen, da der Ausstrahlungspunkt des Meteorstoms dort zum Zeitpunkt der größten Aktivität gegen 7 Uhr MESZ bei dunklem Himmel und ohne störendes Mondlicht im Zenit stand. In Mitteleuropa war die Sonne zu diesem Zeitpunkt längst wieder aufgegangen.

Beobachter sprachen hochgerechnet auf eine Stunde von bis zu 50 sehr langsamen, meist rötlich erscheinenden Stenschnuppen von 2. oder 3. Größenklasse, sowie von vereinzelten Feuerkugeln.

Nevada Desert Skies, YouTube
tau-Herkuliden im Jahr 2022 über der Wüste von Nevada

Die nächste Passage der Erde durch den Schweif dieses Kometen ist erst wieder für das Jahr 2049 vorhergesagt.
Der Mutterkomet
Schwassmann-Wachmann 3 ist ein Komet der Jupiter-Familie, der im Jahr 1930 von den deutschen Astronomen Arnold Schwassmann und Arno Arthur Wachmann an der Sternwarte in Hamburg-Bergedorf entdeckt wurde und wahrscheinlich nur einen recht kleinen Kern von etwa 1,5 Kilometern Durchmesser besaß.

Obwohl er damals in einem äußerst geringen Abstand von gerade einmal 0,0616 Astronomischen Einheiten (bzw. etwa 9 Millionen km) an der Erde vorbei zog, erreichte er nur eine verhältnismäßig bescheidene Helligkeit von etwa 6-7 mag. Ein unbestätigter Beobachtungsbericht von 1930 erzählt von der Sichtung eines doppelten Nucleus - möglicherweise kam es bereits zu dieser Zeit zu einem Auseinanderbrechen des Kerns.

astrocorner.de
Umlaufbahn des Kometen 73P um die Sonne

astrocorner.de
Umlaufbahn des Kometen 73P um die Sonne

Der Komet geriet etwa fünfeinhalb Jahre später, im Winter 1935-36 - diesmal in deutlich größerer Entfernung zur Erde - erneut in Sonnennähe, konnte aber nicht wieder aufgefunden werden. Nur alle 16 Jahre lässt die Bahnkonstellation eine enge Begegnung zwischen der Erde und dem Kometen zu.

Wiederentdeckungen 1979 und 1990

Doch auch bei seinen darauf folgenden Periheldurchläufen gelang keine erneute Sichtung des Schweifsterns. Erst 1979 - ein knappes halbes Jahrhundert nach seiner Entdeckung - wurde er wieder aufgefunden, 1985-86 abermals nicht. 1990 zog er in einer Entfernung von 0,36 A.E. an der Erde vorüber und wurde als Objekt 9. Größe ausgemacht.

Fragmentation 1995

Jim Scotti
Aufnahme des Kometen 73P vom 27. Dez 1995
Die vorhergesagte Wiederkehr des Kometen Schwassmann-Wachmann 3 im Jahr 1995-96 wurde aufgrund der recht groß ausfallenden Distanz zur Erde als ein eher ungünstiger Periheldurchgang eingestuft. Doch Beobachtungen mit Radioteleskopen zeigten zur Zeit der größten Sonnennähe im September einen überraschend dramatischen Anstieg seiner Ausgasungsprozesse.

Im Dezember 1995 berichteten mehrere Beobachter davon, drei bis fünf Fragmente innerhalb der Koma des Kometen erkannt zu haben. Offenbar war sein Kern in mehrere recht große Teilstücke zerbrochen.

Spitzer / STScI / ESO, VLT
Ansichten der Trümmer-Fragmente des Kometen 73P/Schwassmann-Wachmann 3 im Jahr 2006, angefertigt von den Weltraum-Teleskopen Spitzer und Hubble sowie dem Very Large Telescope an der Europäischen Südsternwarte

Nahe Erdpassage zahlreicher Trümmer 2006

Christoph Rollwagen
Animation der scheinbaren Eigenbewegung der Komponente B am 13. Mai 2006
Im Jahr »2006 näherten sich die Bruchstücke des Kometen wenige Tage vor ihrer Perihelpassage der Erde bis auf weniger als 11 Millionen Kilometer an - näher, als der berühmte »Komet Hyakutake 10 Jahre zuvor. Die einzelnen Objekte hatten sich mittlerweile entlang der Umlaufbahn verteilt und wie auf einer Kette hintereinander aufgereiht. Schwassmann-Wachmann 3 bot den Himmelsbeobachtern einen seltenen spektakulären Anblick. Nach und nach wurden immer mehr Kometen-Fragmente entdeckt. Bis Anfang Mai stieg die Anzahl der bekannten und bezeichneten Objekte auf 59.
Mondphase zum Maximum
Helles Mondlicht wirkt sich extrem störend auf die Beobachtung von lichtschwachen Meteoren aus. Vor allem unter diesem Einfluss fallen die Beobachtungsbedingungen eines Meteorstroms in jedem Jahr anders aus. Die folgenden Ansichten stellen den Anblick der jeweiligen Mondphase während der kommenden 4 Aktivitätszeiträume dar.

Mondphase: Zunehmend
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Mondphase zum nächsten Maximun im Jahr 2025: Zunehmend

Mondphase: Abnehmend
Mondphase: Zunehmend
Mondphase: Abnehmend
2026: Abnehmend2027: Zunehmend2028: Abnehmend
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Mondphasen während der kommenden Aktivitätsperioden in den Jahren 2026, 2027 und 2028
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