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Schwassmann- Wachmann 3 (2006)

Komet 73P
Zerbrochener Himmelsstürmer
Spitzer
Aufnahme der reflektierten Infratrot- Strahlung der Kometenkette - Spitzer bildete 45 Fragmente ab
Vom 12. bis 16. Mai 2006 konnten Himmelsbeobachter ein überaus seltenes Ereignis am Himmel beobachten. In dieser Zeit zog ein gewaltiger Kometenkomplex in sehr geringem Abstand an der Erde vorbei. Hierbei handelte es sich um den periodischen Kometen 73P/ Schwassmann-Wachmann 3, der alle 5,36 Jahre sein Perihel durchläuft und bei seinem vorletzten Auftauchen im Jahr 1995 in mehrere Bruchstücke zerfiel.

Im Jahr 2006 näherte sich die Kometenkette wenige Tage vor ihrer Perihelpassage der Erde bis auf 11,8 Millionen Kilometer (0,0787 Astronomische Einheiten) an - näher, als der berühmte Komet Hyakutake Anfang 1996. Schwassmann-Wachmann 3 bot den Himmelsbeobachtern dabei ein seltenes spektakuläres Ereignis.

STScI
Auseinanderbrechen der Komponenten B und G am 18. April 2006 aufgenommen mit Hubble
Die Wiederkehr dieses Kometen im Jahr 2006 war noch bis Oktober 2005 ungewiss. Es blieb zunächst unklar, ob sich die verbleibenden Fragmente des Kometenkerns bis zu seiner Wiederkehr im Jahr 2006 vollständig aufgelöst haben, oder ob 73P erneut aufgespürt werden könnte. Am 27. Oktober 2005 konnte vorerst das größte Fragment C des lichtschwachen Kometen erneut aufgefunden werden.

Anfang April 2006, als der Komet noch verhältnismäßig weit von der Erde entfernt war, konnten mit Großteleskopen weitere bislang unbekannte, viel kleinere Fragmente des Kometen entdeckt werden. Die Zahl der sich der Erde nährenden Kometenbruchstücke stieg auf 40 an. Drei dieser Fragmente, die mit den Buchstagen C, B und G bezeichnet wurden, zeigten dabei die stärkste Aktivität.

ESO, VLT
Auseinanderbrechen der Komponente B am 25. April 2006 aufgenommen an der europäischen Südsternwarte mit dem VLT
Besonders interessant erschienen hierbei das hellste Fragment C sowie die Komponente B, die Ende April 2006 starke Aktivitätssprünge zeigte. Beobachtungen mit dem Hubble Space Telescope (HST) und später mit dem Very Large Telescope (VLT) ließen erkennen, dass sich diese Komponente in einem starken Fragmentationsprozess befindet und wiederholt größere Teile seines Hauptkerns verliert.

Zum Monatswechsel April/Mai 2006 erreichten die beiden hellsten Bruchstücke C und B eine Helligkeit von annähernd 5. Größe, so dass diese unter sehr günstigen Bedingungen mit dem bloßen Auge erkannt werden konnten. Vor allem aber im Fernglas und im Teleskop präsentierten die beiden Fragmente einen bezaubernden Eindruck.

astrocorner.de
Helligkeitskurven der drei hellsten Fragmente des Kometen 73P/ Schwassmann-Wachmann für dessen Perihelpassage im Jahr 2006 - die Komponenten C und B erreichten knapp die Grenze zur Sichtbarkeit mit dem bloßen Auge, die unzähligen kleineren Bruchstücke konnten jedoch nur fotografisch nachgewiesen werden

Christoph Rollwagen
Komponente C am 6. Mai 2006
Anfang Mai stieg die Anzahl der bezeichneten Fragmente auf 59 an. Das Fragment B zeigte weiterhin eine sehr dynamische Aktivität. Zeitweise übertraf das Bruchstück B die Helligkeit des zuvor hellsten Fragments C. Beide Komponenten besaßen während der nahen Erdpassage einen deutlichen Staubschweif und eine verhältnismäßig große grünliche Koma. Der Komet 73P zeigte aufgrund der großen Erdnähe eine ungewöhnlich hohe Winkelgeschwindigkeit. Teleskopbeobachter konnten im Laufe weniger Minuten deutlich erkennen, wie die einzelnen Fragmente relativ zu nahen Hintergrundsternen ihre Position am Himmel veränderten.

Christoph Rollwagen
Komponente C am 8. Mai 2006
Ein fotografisch besonders reizvolles Motiv bot die Komponente C am 8. Mai 2006, als sie sich über den Ringnebel M57 im Sternbild Leier hinwegbewegte. Am 10. Mai passierte das nun hellste Fragment B den Hauptstern des Sternbild Leier - die Vega. In den folgenden Tagen durchquerten die Fragmente die Milchstraße im Sternbild Schwan. Die Beobachtungsbedingungen wurden zunehmend schlechter, da der fast volle Mond die Beobachtung des Kometen behinderte.

Jäger, Rhemann
Komet 73/P
Danach entfernte sich der Komet wieder von der Erde, war aber noch einige Tage lang recht eindrucksvoll am Morgenhimmel zu beobachten. 73P durchquerte bis Monatsende das Sternbild Fische und strebte in südöstliche Richtung zur Konstellation Walfisch. Der Mond zog sich vom Morgenhimmel zurück und gab einen letzten Blick auf den Kometenkomplex 73P frei.

Christoph Rollwagen
Animation der scheinbaren Eigenbewegung der Komponente B am 13. Mai 2006
Der Komet erreichte am 7. Juni 2006 seinen sonnennächsten Bahnpunkt, das Perihel. Bis dahin entfernte er sich weiter von der Erde, näherte sich aber der Sonne immer weiter an. Von Deutschland aus beobachtet verschwand der Komet jedoch Anfang Juni am Morgenhimmel in den Strahlen der aufgehenden Sonne. Nur noch wenige Tage konnte er über dem Osthorizont aufgefunden werden.

Christoph Rollwagen, YouTube
Mehrtägige Dokumentation der nahen Erdpassage der beiden hellsten Kometen-Fragmente
Prognosen für Schwassmann-Wachmann 3
Meteor- Feuerwerk
Nach ersten Berechnungen prognostizierte man eine maximale Helligkeit von 1. oder 2. Größenklasse für Mitte Mai 2006. Allerdings wurden diese Angaben im Laufe der Überwachung nach unten korrigiert, da die tatsächliche Helligkeit des Kometen während seiner vorhergehenden beiden Perihelpassagen jeweils etwa 2 Größenklassen unter der Prognose zurück blieb. Zwischenzeitlich ging man nur noch davon aus, dass Schwassmann-Wachmann 3 6,5 mag nicht überschreiten würde. Tatsächlich erreichten die beiden hellsten Fragmente C und B die Grenze zur Sichtbarkeit mit dem bloßem Auge.

Wiegert, Brown, Vaubaillon, Schijns
Berechnete Position der Staubwolken des Kometen 73P, die sich in der Vergangenheit entlang seiner Umlaufbahn gesammelt haben, relativ zur Erdumlaufbahn
Einige Monate vor der Erdpassage wurde spekuliert, ob die staubigen Überreste des Schweifsterns in die Erdatmosphäre gelangen und einen heftigen Sternschnuppen-Schauer auslösen könnten.

Genaueren Berechnungen zufolge zog die Erde jedoch knapp am Staubschweif des Kometen vorbei, woddurch ein solches Ereignis ausblieb.

Im Entdeckungsjahr 1930, als der Komet der Erde in einer ähnlich kurzen Distanz von rund 9 Millionen Kilometern begegnete, wurde ein vorhergesagter Meteorsturm beobachtet. Damals konnten in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni über 60 Sternschnuppen pro Stunde beobachtet werden.

Die damals beobachteten Sternschnuppen schienen aus Richtung des Sternbilds Herkules zu kommen, wodurch der Name τ−Herkuliden entstand. Aufgrund von Bahnveränderungen im Laufe der Jahrzehnte befindet sich der Radiant des Stroms jetzt jedoch zwischen den Sternbildern Bootes und Nördliche Krone. Die beste Beobachtungszeit für Meteore ist die Zeit, wenn sich der Radiant hoch am Himmel befindet - in diesem Fall also die Zeit um Mitternacht.

Den Prognosen zufolge wird es erst in den Jahren 2022 und 2049 wieder zu einem nachweisbaren Ausbruch der »τ−Herkuliden kommen.
Beobachtung des Kometen
Die beste Beobachtungszeit für diesen Kometen lag zwischen Mitte April und Anfang Juni 2006. In dieser Zeit wurden die beiden hellsten Komponenten bis zu 5 mag hell und konnten mit einem Feldstecher oder Teleskop leicht aufgefunden werden. Bis Mitte Juni konnte der Kometen-Komplex von der Nordhalbkugel der Erde aus beobachtet werden.

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Bahn der Komponente C des Kometen 73P von Mitte April bis Mitte Mai 2006. Der erdnächste Bahnpunkt ist durch einen schwarzen Kreis markiert.

Schwassmann-Wachmann 3 wanderte sehr rasch vom Sternbild Nördliche Krone kommend durch Herkules, Leier, Schwan, Füchslein, Pegasus und Fische in den Walfisch. Ein Highlight war die enge Begegnung mit dem Ringnebel M57, die von Mitteleuropa aus jedoch am hellen Tageshimmel stattfand. Die hohe Winkelgeschwindigkeit, die der Komet im Mai 2006 erreichte, wurde zu einer Herausforderung für Astrofotografen.

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Bahn der Komponente C des Kometen 73P von Mitte Mai bis Mitte Juni 2006. Der erdnächste Bahnpunkt ist durch einen schwarzen Kreis markiert.

Leider wurde der nahe Vorbeizug des Kometen 73P/ Schwassmann-Wachmann am 13. Mai 2006 vom hellen Vollmond überstrahlt. Der Mond befand sich dabei ungefähr 100° vom Kometen entfernt. Es war deutlich zu beobachten , wie sich die Fragmente mit vergleichsweise hoher Winkelgeschwindigkeit durch das Sternbild Schwan hindurch bewegten.
Geschichte des Kometen
Jim Scotti
Aufnahme des Kometen 73P vom 27. Dez 1995
Der Komet Schwassmann-Wachmann 3 ist die dritte gemeinsame Entdeckung eines Schweifsterns durch die beiden deutschen namensgebenden Astronomen Arnold Schwassmann und Arno Arthur Wachmann und wurde erstmals am 2. Mai 1930 am Observatorium Hamburg-Bergedorf im Zuge einer systematischen Durchmusterung nach Kleinplaneten (als 6-7 mag helles Objekt) beobachtet. Der Komet passierte die Erde am 31. Mai 1930 in einem Abstand von gerade einmal 0,0616 Astronomischen Einheiten.

Obwohl die Umlaufbahn bekannt war und man wusste, dass 73P ungefähr alle fünfeinhalb Jahre wiederkehren sollte, wurde der lichtschwache Komet danach jahrzehntelang nicht mehr aufgefunden. Erst 1979 (12,5 mag) und erneut 1990 (9 mag) konnte er wiederentdeckt werden. Bis zu dieser Zeit zog der Komet zwei Mal in einem Abstand von weniger als 1 A.E. nahe an Jupiter vorbei (Oktober 1953 und November 1965) wodurch seine Bahn stark verändert wurde.

Gerald Rehmann
Aufnahme des Kometen 73P vom 2. Dez 2000
Auch im Jahr 1995 hielt man erneut Ausschau nach dem sich flink durch unser Sonnensystem bewegenden nebligen Fleck. Wie erwartet fand man ein recht lichtschwaches Objekt, das kurz nach der Perihelpassage überraschend mehrere Helligkeitsausbrüche (6 mag) zeigte und in einige Bruchstücke zerfiel. Bei der Wiederkehr im Jahr 2001 konnten 3 Fragmente beobachtet werden, die sich mittlerweile deutlich voneinander entfernt hatten.

Der Ursprung dieses Kometen liegt typischer Weise in der Oortschen Wolke. Er wurde wahrscheinlich während einer weit vergangenen Perihelpassage von Jupiter eingefangen und auf eine weniger exzentrische sonnennahe Bahn gelenkt. Für diese Theorie spricht die Bahngeometrie dieses Kometen. Das Perihel von Schwassmann-Wachmann 3 liegt ein wenig innerhalb der Erdbahn (0,939 AE von der Sonne entfernt), das Aphel etwas außerhalb der Jupiterbahn (5,18 AE von der Sonne entfernt).

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Umlaufbahn des Kometen 73P um die Sonne

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