Komet C/2023 A3
Heller Schweifstern im Herbst 2024 von Christoph Rollwagen
Der Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) wurde Ende Februar 2023 in recht großer Entfernung von der Sonne entdeckt. Nachdem er sein Perihel erreicht hatte, zog er fast genau vor der Sonne hinweg und konnte als spektakuläre Erscheinung auf den Bildern der Raumsonde SOHO bewundert werden. Im Spätsommer und Herbst 2024 erschien er am Abendhimmel als einer der hellsten Kometen der vergangenen Jahre.
Christoph Rollwagen
Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) am 16. Oktober 2024 in der Abenddämmerung am Westhorizont während am gegenüber liegenden Osthorizont der Vollmond aufging - selbst in der hellen Vollmondnacht war sowohl der Komet am Himmel, als auch seine Spiegelung im Wasser deutlich zu erkennen
Erste Abschätzung nach der Entdeckung
Tsuchinshan-ATLAS wurde ungewöhnlich weit von der Sonne entfernt entdeckt. Schon früh wurde vermutet, dass es sich um ein Objekt mit einem besonders großen Kerndurchmesser handeln könnte. Weil der Komet sich zudem während seines Perihel-Durchlaufs dem Zentralgestirn sehr stark annähern sollte, wurde erwartet, dass er eine recht große Aktivität zeigen würde.
Es wurde spekuliert, dass er eine ähnliche Entwicklung zeigen könnte, wie der helle Komet des Jahres 2007 »C/2006 P1 (McNaught). Dieser Schweifstern präsentierte viele Tage lang einen hellen weit aufgefächerten und sehr stark strukturierten Staubschweif, nachdem sein Kernbereich sogar am Tageshimmel nahe der Sonne erkannt werden konnte.
Allem Anschein nach besaß Tsuchinshan-ATLAS zumindest ein gewisses Potential, einer der auffälligsten Schweifsterne dieser Epoche zu werden. Es bestand aber auch die Möglichkeit, dass der Komet seine Perihel-Passage nicht überstehen würde.
Entdeckung
C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) ist ein langperiodischer Komet, der am 22. Februar 2023 am Sutherland Observatorium in Südafrika mit einem 0,5m-f/2-Schmidt-Reflektor des Asteroid Terrestrial-impact Last Alert Systems (ATLAS) als Objekt 18. Größe entdeckt wurde, als er sich noch mehr als eine Milliarde Kilometer (7,3 A.E.) von der Sonne entfernt befand. Unabhängig davon wurde er auf Bildern des Purple Mountain Observatoriums im chinesischen Nanjing vom 9. Januar 2023 als Objekt knapp 19. Größe nachgewiesen.
Daraufhin konnte er auch mit einer Helligkeit von 19,4 mag auf Bildern der Zwicky Transient Facility (ZTF) des Palomar Observatoriums im kalifornischen San Diego County vom 22. Dezember 2022 aufgespürt werden. Diese Aufnahmen zeigten, dass das Objekt eine sehr kondensierte Koma und einen kleinen geraden Schweif besitzt.
Umlaufbahn
Ein Besucher von 'Weit-außerhalb'
Der Komet bewegte sich auf einer langgestreckt-elliptischen Umlaufbahn retrograd (entgegengesetzt der Planeten-Bewegungen) um die Sonne und näherte sich dem Zentralgestirn von 'oberhalb' der Ekliptik. Die Ebene durchstieß er im Juni 2024 knapp außerhalb der Mars-Umlaufbahn von Nord nach Süd, um danach auf seinen sonnennächsten Bahnpunkt zuzusteuern. Diesen erreichte er am 28. September 2024 in einer Entfernung von nur 58 Millionen Kilometer zur Sonne zwischen der Umlaufbahn von Venus und Merkur. Zu dieser Zeit war Tsuchinshan-ATLAS für Beobachter der Südhalbkugel freisichtg zu beobachten.
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Bahnpositionen des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) am 6., 17. und 28. September, sowie am 9., 20. und 31. Oktober 2024 - der Schweifstern zog dabei zwischen Sonne und Erde hindurch
Im Oktober durchquerte der Komet die Ekliptik erneut von Süd nach Nord, zog von der Erde aus betrachtet nur knapp neben der Sonne her und wurde für Beobachter der Nordhalbkugel am Abendhimmel sichtbar. Danach entfernte er sich recht schnell wieder von der Erde und der Sonne.
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Bahnpositionen des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) während seiner Annäherung an Sonne und Erde am 6., 17. und 28. September (Perihel-Passage), sowie am 9., 20. und 31. Oktober 2024
Entwicklung vor dem Perihel
Viele Kometen-Beobachter verfolgten im Frühjahr und Sommer des Jahres 2024 die allmähliche Entwicklung von Tsuchinshan-ATLAS während seiner Annäherung an die Sonne. In den ersten Monaten des Jahres entwickelte sich seine scheinbare Helligkeit zunächst wie erwartet. Ab April war auf fotografischen Aufnahmen bereits ein deutlicher Schweif zu erkennen.
Am Abendhimmel im Mai
und Juni
Anfang Mai konnte
Tsuchinshan-ATLAS als Objekt 10. Größe 40 Grad hoch über dem Süd-Horizont oberhalb des Hauptsterns Spica im Sternbild Jungfrau aufgefunden werden. Anfang Juni befand er sich noch etwa 25 Grad hoch im Südwesten in der Nähe von Zavijava (beta Vir). Seine scheinbare Helligkeit betrug zu dieser Zeit bereits 9 mag. Am 18. Juni überquerte er die Ekliptik von Nord nach Süd.
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Bahn des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) von Anfang Mai bis Ende September 2024 während seiner Annäherung an die Sonne
Verborgen im Glanz der Sommersonne
Im Verlauf des Sommermonats Juli verringerte sich seine westwärts gerichtete Winkelgeschwindigkeit stark. Die scheinbare Helligkeit des Kometen stieg auf etwa 8 mag an. Dennoch konnte er in Mitteleuropa kaum noch erkannt werden. Zu Beginn der Dunkelheit befand er sich bereits tief am Westhorizont. Anfang August ging er in etwa zeitgleich mit der Sonne unter.
Im Verlauf des Monats August wechselte der Schweifstern aus südlichen Bereichen des Löwen in das Sternbild Sextant. Seine scheinbare Helligkeit steigerte sich zu dieser Zeit beachtlich und er wurde für Beobachter der Südhalbkugel sichbar - sogar mit dem bloßen Auge.
Rasante Entwicklung im September
Der Schweifstern entwickelte sich im September weitherhin entsprechend der Prognosen und wurde schnell zu einem sehr auffälligen Gestirn für Beobachter der Südhalbkugel. Zum Ende des Monats hatte er bereits einen gewaltigen Schweif entwickelt und war deutlich freisichtig erkennbar.
Am 28. September 2024 durchlief Tsuchinshan-ATLAS sein Perihel in einer Entfernung von nur 0,39 Astronomischen Einheiten. Anfang Oktober kehrte der Komet seine scheinbare Bewegungsrichtung am Sternhimmel um wurde von der Südhalbkugel unsichtbar.
Sichtbarkeit auf der Nordhalbkugel
Passage zwischen Erde und Sonne
Nachdem C/2023 A3 um die Sonne herum geschwungen war, durchstieß er erneut die Ekliptik-Ebene von Süd nach Nord und befand sich von der Erde aus betrachtet fast genau vor der Sonne.
SOHO
Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) während seiner Sichtbarkeit im Koronographen C3 der Raumsonde SOHO vom 7. bis 17. Oktober 2024. Am 14. Oktober fällt der Blick genau auf auf die Kante des extrem schmalen Staubschweifs. Im Hintergrund feuert die Sonne zahlreiche koronale Massenauswürfe in den Weltraum. Der Ausbruch vom 9. Oktober ist einer der stärksten des gesamten Aktivitätszyklus.
Der Kern von Tsuchinshan-ATLAS zog von der Erde aus betrachtet am 10. Oktober 2024 in einem Abstand von nur etwa einem Grad nordwestlich an der hellen Sonnenscheibe vorüber. Zu dieser Zeit wurde er als auffällige Erscheinung auf den Aufnahmen des weltraumgebundenen Sonnen-Observatoriums SOHO sichtbar.
YouTube, Nicolas Lefaudeux
Simulierte Entwicklung des Schweifs des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS)
Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein heller Komet fast direkt vor unserem Tagesstern vorbei zieht. Der Komet erreichte eine Helligkeit von knapp −4 mag. Für eine erwartete Sichtbarkeit mit dem bloßen Auge am Tageshimmel reichte es aber nicht.
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Helligkeitskurve des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) für dessen Sichtbarkeitsperiode im Jahr 2024
Komet mit Gegenschweif in der Abenddämmerung
Die Erde durchquerte die Umlaufebene des Kometen am 14. Oktober 2024. Daraufhin wurde der Schweifstern für Beobachter auf der Nordhalbkugel in der Abenddämmerung zwischen der tiefstehenden Venus und Arktur (α Boo) − dem Hauptstern des Bärenhüters Bootes − sichtbar, während er schnell an Winkelabstand von der Sonne und auch an Deklination gewann.
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Positionen des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) in der zweiten Oktoberhälfte 2024 in der Abenddämmerung - das Objekt tauchte Mitte Oktober im Westen zwischen Venus und Arktur auf, gewann schnell an Höhe, die Helligkeit schwand jedoch rapide. Anfang November konnte der Schweifstern knapp 35 Grad über dem Südwest-Horizont in einer mondlosen Nacht aufgefunden werden, war dann jedoch kaum noch mit dem bloßen Auge zu erkennen.
Der Komet zeigte einen mehr als zehn Grad langen Schweif, der selbst in hellen Vollmond-Nächten erkannt werden konnte. Aufgrund der speziellen Bahngeometrie war zu dieser Zeit auch ein schmaler zur Sonne gerichteter Gegenschweif zu erkennen.
YouTube, Christoph Rollwagen
Am 13. Oktober 2024 konnte Komet C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) erstmals von der Nordhalbkugel in der Abenddämmerung erkannt werden.
Zunächst konnte Tsuchinshan-ATLAS nur kurzzeitig in der hellen Abenddämmerung erkannt werden, da er schon bald nach der Sonne ebenfalls unterging. Nach und nach verbesserten sich die Sichbarkeitsbedingungen mit seiner fortschreitenden Entfernung von der Sonne jedoch. Die Helligkeit des Kometen nahm allerdings von Tag zu Tag ab.
Christoph Rollwagen
Anblick des Kometen C/2023 A3 (Tsuchinshan-ATLAS) während seiner Abendsichtbarkeit am 15. Oktober (links & Mitte) sowie am 23. Oktober 2024 (rechts)
Schwindender Schweifstern am Westhimmel
Zu Beginn der abendlichen Beobachtungsperiode stand noch der Vollmond am Himmel. In der zweiten Oktoberhälfte zog sich der Mond jedoch aus der ersten Nachthälfte zurück. Am 1. November war Neumond. Bis dahin entfernte sich der Komet schnell von der Erde und seine Helligkeit ging bis zur Grenze der Freisichtigkeit zurück.
In den Wochen von Ende Oktober bis Ende November 2024 war der Komet noch ein interessantes Objekt für Beobachter mit Feldstechern, Teleskopen und AstroKameras.
Schon zum Jahresende hatte Tsuchinshan-ATLAS das innere Sonnensystem wieder verlassen und zog sich in die Kälte des äußeren Sonnensystems zurück.
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